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Carlos Diaz & Band (Argentinien) Malambo, Tango & Bossa
Die Weisheit, daß der Prophet im eigenen Lande nichts zähle, scheint sich immer wieder zu bewahrheiten und nur so läßt sich erklären, daß der gebürtige Argentinier Carlos Diaz erst im fernen Europa eine musikalische Heimat gefunden hat. Beschäftigte der Gitarrist sich in Patagonien, dem wohl südlichsten, bewohnbaren Zipfel der Welt, noch wenig mit Tango, Bossa Nova, Samba, Flamenco und vor allem dem argentinischen Malambo, sind das zusammen mit sanften, jazzigen Einflüssen mittlerweile genau die Zutaten seiner besinnlichen Musik. Zur Klärung seiner Ursprünge und der Situation gerade argentinischer Musiker muß man allerdings etwas weiter ausholen. Mit dem Ende der argentinischen Diktatur folgte Mitte der Achtziger der kulturelle Aufschwung des südamerikanischen Staates und die 'projection folklorico' bot den heimischen Musikern eine neue Perspektive für ein eigenständiges Schaffen. Namen wie Dino Saluzzi und Lito Vitale zählen seither zum unverrückbaren Hintergrund der Szene und Einflüsse aus ethnischer Musik, der Weltmusik und dem Jazz fanden vielfachen Eingang. In dieser Phase des politischen Umschwunges und überbordender Kreativität war es auch, als Carlos Diaz die Arbeiten zu 'Buen Ambo' begann. Leider folgte diesem Hoch nur allzu schnell die wirtschaftliche und kulturelle Depression und es verschlug den Großteil der Musiker der 'projection folklorico' in die ganze Welt. So auch Carlos Diaz und erst in den Neunzigern in Antwerpen heimisch geworden konnte er die Aufnamen zu 'Buen Ambo' vollenden. Mit der Präsentation dieses Albums, seines Debüts, und während der anschließenden Konzertreise scheint das Trio als adäquate Plattform für den eher zurückhaltenden Musiker gefunden.In ruhigen Interpretationen der eigenen Kompositionen findet er seine Wurzeln aber nicht nur in der Zusammenarbeit mit anderen Musikern und ein großer Teil seiner europaweiten Auftritte findet nach wie vor solo oder im Duo statt. Klare Melodien dominieren seine rhythmische Instrumentalmusik und nur selten durchbrechen er, der Perkussionist Osvaldo Hernandez oder der Bassist Henk Delaat den greifbaren Erzählfluß der Stücke mit beinahe artistischem Understatement; und so zeigt sich die wahre Meisterschaft dieser drei auch erst in der Zurückhaltung. Die akustischen Kompositionen, die sich dem Fernweh geplagten Zivilisationsmenschen beim oberflächlichen Hören als liebenswerte und verträumte Ohrwürmer zu erkennen geben, sind aber auch für den intimen Kenner der Szene eine wahre Freude. Mit viel Raum für jeden einzelnen Ton entwickeln die drei auf ihren bis zu zehnminütigen musikalischen Reisen immer zuerst das Thema, zeigen sich aber nur scheinbar diszipliniert. Schnell kommen die ersten Synkopen, Kontrapunkte werden gesetzt und immer wieder blitzen vorerst nur kleine Effekte auf. Noch bleibt ausreichend Platz für Zitate und Anspielungen, sie arbeiten sich Schicht für Schicht in die Tiefe und jonglieren sich gegenseitig kleine, bunte Bälle zu. Oft ist es dann die Gitarre, die das Heft in die Hand nimmt und zu einem ausführlicheren Ausflug startet, und hier werden auch die großen Vorbilder des Carlos Diaz deutlich. Erinnerungen an Paco De Lucia, Al Di Meola und Larry Coryell werden wach, wenn der Enddreißiger seine Improvisationen startet und die ruhigen Melodiebögen mal fein ziseliert, oder sich seltener und mit überzeugender Fingerfertigkeit durch fünfzig Jahre südamerikanischer Gitarrengeschichte arbeitet. Anders Henk Delaat, der mit seinem riesigen Kontrabaß das unumstößliche Rückgrat des Trios bildet und sich eher an den wunderbar knurrigen Klängen seines Instrumentes erfreut. Nur selten zeigt er sich auch in Kapriolen als Meister seines Faches und entwirft große Strukturen, in denen sich Diaz und Osvaldo Hernandez dann um so farbiger präsentieren. Osvaldo Hernandez ist es denn auch, der dem Auge zusätzliche Leckerbissen bietet. Mit einem wahren Arsenal an Perkussionsinstrumenten, die anfänglich nicht einmal als solche zu erkennen sind, bildet er nicht nur das rhythmische Gerüst der Musik, sondern schafft mit vielerlei klanglichen Effekten Raum für die verschiedensten Assoziationen. Neben der Bombo, einer riesigen argentinischen Trommel, sind das nicht nur die verschiedensten Tambores, von denen die Bongos wohl die bekanntesten sind. Hier tauchen ein Becken oder eine Triangel auf, da schlägt, streicht oder schüttelt er Rasseln aus ganz unterschiedlichen Materialien, Maracas, Schellenring, Guira, Glöckchen, ja sogar Tierknochen, und hier ganz besonders der Kieferknochen eines Esels, werden zum tragenden Bestandteil seiner vielseitigen Perkussion. Die lange Bühnenerfahrung der drei gibt ihnen immer auch die nötige Freiheit für das organische Zusammenspiel, und so sind es nicht nur Handwerk, Komposition und Arrangement, sondern immer auch Intuition und Improvisation, die ihre Konzerte zu eindrucksvollen Momenten formen.
Carlos Diaz - Gitarre Anders Henk Delaat - Kontrabaß Osvaldo Hernandez - Perkussion
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