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Ontrei (Finnland) Finnischer Folk
In der finnischen Mythologie gibt es einen alten Zaubersänger namens Väinämöinen. Der Sage nach baute er die allererste Kantele und zwar aus dem Kiefer eines gigantischen Hechts. Aus den Zähnen macht er die Wirbel, für die Saiten nimmt er Rosshaare. Sobald der erste Ton erklingt, kommen alle Tiere aus dem Wald herbei und lauschen und auch die Menschen lassen vor Ergriffenheit ihre Arbeit ruhen. Die zweite Kantele fertigt Väinämöinen aus einer Birke …
Heute gilt das Zupfinstrument Kantele, eine kastenförmige Zither, als Nationalinstrument Finnlands, u.a. auch durch den großen Einfluss des „Kalevala“: ein Epos über finnische Heldensagen und Mythen, den der Schriftsteller, Philologe und Arzt Elias Lönnrot im 19. Jahrhundert zusammenstellte - mit Väinämöinen als wichtigsten Protagonisten. Einer der größten Kalevala-Sänger, der auch selbst Kantele spielte und baute und großen Einfluss hatte auf Lönnrots Schriften, war Ontrei Malinen.
Unter seinem Vornamen - Ontrei - haben sich nun zwei Finnen zusammengetan, die die traditionellen Musikkulturen und typischen Instrumente ihres Landes wie ihre eigene Westentasche kennen. Timo Väänänen und Rauno Nieminen beleuchten die finnischen Musikschätze nämlich nicht nur als praktizierende Musiker. Beide haben sie an der Sibelius Akademie, der international renommierten Musikuniversität Finnlands, intensive Forschungsarbeit geleistet und eine künstlerische Promotion absolviert.
Timo Väänänen, der bereits mit 8 Jahren seine erste Kantele in den Händen hielt, begann mit 18 Jahren sein Studium an der Sibelius Akademie, wo der mittlerweile mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Musiker auch heute selbst am Folk Music Department unterrichtet. Begegnungen und Unterricht mit verschiedensten Lehrern – z.B. dem für seine zeitgenössischen Kantele-Kompositionen bekannten Martti Pokela oder auch dem berühmten traditionellen Meister Toivo Alaspää (von Hauptberuf war dieser LKW-Fahrer und selbst überrascht als die Sibelius Akademie ihn zur Lehrer berief) – eröffneten Timo Väänänen Einblicke in die vielfältigen Techniken und musikalischen Dimensionen dieses Instruments. Diesen offenen und neugierigen Blick hat Timo Väänänen beibehalten. Er baute eine einzigartige elektronische Kantele mit einem soliden Holzkörper, mit der er spezielle Soundeffekte und Live Looping Systeme entwickelte. Er ist dafür bekannt, dass er verschiedenste Künste in seine Musik integriert: Elemente aus dem Theater, dem Tanz, der Graphik, der Fotografie oder auch der Maskenkunst. Seit 2010 leitet er das „Kanteleen Kieln Projekt“, das mit der Kantele verwandte Instrumente aus Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Russland, Polen, Ukraine und Weißrussland unter die Lupe nimmt: „Meiner Meinung nach ist die Kantele ein meditatives, sehr altes und multi-ethnisches Instrument. Ich denke nicht, dass die alten Formen dieses Instrument einem ganz bestimmten Land gehören. Die verschiedenen Typen der Kantele kommen allesamt aus einer Region“. Und auch zu der chinesischen Gu Zheng und der japanischen Koto sieht er zum Beispiel Parallelen.
Die Liebe zu den Details einzelner Instrumente und ihrer Geschichte teilt Timo Väänänen mit seinem Duopartner Rauno Nieminen, der zu den wichtigsten Instrumentenbauern Finnlands gehört. Rauno Nieminen hat eine ganz eigene Methode entwickelt, Kopien von Museums-Instrumenten zu bauen.
Er gilt als Meister der Jouhikko. Traditionell hat diese Leier nur zwei oder drei Saiten und wird mit einem Bogen gestrichen, wobei auf den äußeren Saiten die Melodietöne gespielt werden und die inneren Saiten dazu einen mittelalterlich anmutenden Bordunklang bilden. Nachdem die Jouhikko im frühen 20. Jahrhundert praktisch ausgestorben war, gibt es mittlerweile einige Musiker, die diesem Instrument neues Leben einhauchen – allen voran Rauno Nieminen.
Gemeinsam mit Timo Väänänen präsentiert er im Duo Ontrei verschiedenste Instrumente mit uralter Geschichte. Die beiden nehmen uns mit auf eine Zeitreise: in die Vergangenheit zu den urtümlichen Klängen der nordischen Hemisphäre, aber auch in die Zukunft, zu ungeahnten musikalischen Dimensionen, die unsere Gedanken auf neue Entdeckungspfade führen …
Augen zu und auf Pulsfühlung mit diesen zwei Zauberern des finnischen Folks!
Rauno Nieminen - Jouhikko, Kantele, Flöten, Perkussion, Gesang
Timo Väänänen - Jouhikko
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