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Assurd (Italien) Neapolitanische Lieder AKA: Nachholtermine für abgesagte Tour Nov. 2020
Assurd hat sich vor über 25 Jahren in Neapel gegründet, um Süditaliens traditionelle Musik neu zu beleben. Heute zählt die Formation, die als Trio begann, dann viele Jahre als Quartett auftrat und bei Klangkosmos nun als Duo spielen und singen wird, zu den bekanntesten Protagonisten des neuen Neapolitanischen Liedes. Mit ihren außergewöhnlichen kraftvollen Stimmen, leidenschaftlichem Temperament und einer expressiven Körpersprache bringen die Musikerinnen von Assurd ausdrucksstark Volkslieder und traditionelle Tänze auf die Bühne, die aus Neapel stammen und aus ländlichen Gegenden der Regionen Kampaniens, Apuliens und der Basilikata. Mit dynamischer Spielfreude und oft ironisch gebrochener Theatralik präsentieren sie nicht nur alte Lieder, sondern auch neue und eigene Kompositionen, die jedoch immer in der Tradition des Volksliedes stehen: dem canto popolare. Sie erzählen Geschichten von Liebe und Leidenschaft, von großen und kleinen Dramen des Alltags. Es gibt Lieder, die die bäuerliche Arbeitswelt Kampaniens beschreiben, während im Stück “Scuitata” die Wut der Frauen über ihre jahrhundertelange Unterdrückung zum Ausdruck gebracht wird. Zum künstlerischen Gefühlsregister Assurds gehört neben Wut auch Freude, Trauer und Boshaftigkeit. All das vermittelt Cristina Vetrones mit ihrer singulären Stimme, die fast die Tiefe eines Baritons erreicht und Lorella Monti mit ihrer typisch neapolitanischen Stimme in einer Art, die spürbar unter die Haut geht. Ihre Instrumente sind Knopfakkordeon, das Cristina Vectrone als eine der besten Akkordeonistinnen Italiens spielt, Kastagnetten und die Tammorra. Für das Spiel auf dieser besonders großen Rahmentrommel, die üblicherweise zur Begleitung von Liedern und Tänzen der kampanischen Tradition eingesetzt wird, wie der Tammurriata, ist Lorella Monti als herausragende Meisterin bekannt. Außerdem spielt Assurd die mittelgroße Rahmentrommel Tamburin mit Schellen, die unverzichtbar für die Tarantella ist, welche die neapolitanische Formation ebenfalls im Repertoire hat. Diesen aus Apulien stammenden Tanz, von dem es heißt, er sei nach der apulischen Stadt Taranto benannt, wahrscheinlicher aber eher nach einer giftigen Spinne aus der Region, die dort Taranta genannt wird, führt Assurd in seiner eher ursprünglichen Art auf, als uralten rituellen Trancetanz. Anders als die Tarantella mit ihrem 6/8 Takt von vielen Komponisten der Romantik oft mit fröhlich oder melancholischen Melodien kombiniert wurde, handelt es sich im Ursprung dabei um einen wilden Tanz, der traditionell so lange mit ekstatischen Umdrehungen und Schreien von Menschen getanzt werden musste, die von der Tarantel-Spinne gebissen wurden, bis sie quasi das Spinnengift aus ihrem Körper herausgetanzt hatten. Auf dem Tamburin wurde dazu der Rhythmus geschlagen. Es heißt, dass früher vor allem Frauen von der Tarantel „gebissen“ und so zum ekstatischen Tanz gezwungen wurden, was Musikethnologen heute so interpretieren, dass der Tanz eine der wenigen Möglichkeiten für Frauen war, aus ihrer sozialer und sexueller Unterdrückung auszubrechen. Den wilden Tarantella-Tanz deuten sie als Ventil in einer Gesellschaft, in der die Frau kaum andere Möglichkeiten hatte, ihre Wut, Angst, Verzweiflung aber auch Lust auszudrücken. Bei der Tarantella standen sie im Mittelpunkt und alles drehte sich um sie. Seit der Gründung von Assurd 1993 war die Grundidee der Musikerinnen möglichst authentische Lieder und Tänze zu finden, um sie neu arrangiert in zeitgemäßem Gewand ansprechend zu präsentieren. Anfangs standen sie bei ihrer Recherche selbst in engem Kontakt zu alten Sängern. Dann suchten sie Archive auf, um wichtigte Texte zu lernen. Eine wichtige Quelle für die Lieder, die Assurd spielt, sind alte Tonaufnahmen der süditalienischen canti popolari, die ab den 1950er Jahren der amerikanische Musikethnologe Alan Lomax machte, als er mit seinem italienischen Kollegen Diego Carpitella durch Italien reiste und Lieder der Männer und Frauen aufzeichnete. Aus dieser Quelle hat Assurd sowohl Tammurriate und Tarantellas geschöpft als auch Serenaden, Protestlieder der Arbeitswelt und Lieder über Auswanderung . In den 1960er Jahren begann in Norditalien die Bewegung des Nuovo Canzoniere Italiano, welche die alten Arbeiter- und Bauernlieder, aber auch die der Resistenza, des Widerstandes gegen den Faschismus, neu zu interpretieren begann. 1966 entstand in Neapel La compagnia di canto popolare, die bis heute die Lieder der posteggiatori Neapels und der Region Kampaniens wiederentdeckt und weiterentwickelt. Ihnen und vielen Künstlerinnen, zu denen auch Cristina Vetrone und Lorella Monti gehören, ist es zu verdanken, dass diese vielfältige Tradition erhalten und weiterentwickelt wird. Cristina Vetrone - Gesang, Akkordeon, Tammorra und Komposition Lorello Monti - Gesang, Tammorra, Kastagnetten und Tanz
Die aktuellen Termine im November 2021 sind Nachholtermine für die abgesagte Tournee 2020
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